EconPol Europe: Alle großen Euro-Länder geben derzeit mehr Geld aus als Ausgabenregeln erlauben würden

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In der Debatte über die Staatsausgaben der Euroländer werden die gegenwärtigen Regeln immer wieder als prozyklisch kritisiert. Sie führten zu übermäßig expansiver Fiskalpolitik in guten Zeiten und seien zu restriktiv in schlechten Zeiten. Alle großen EU-Länder geben derzeit mehr Geld aus als mit Regeln für nachhaltige öffentliche Finanzen vereinbar ist. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, die Clemens Fuest (ifo Institut München) und Daniel Gros vom Institut CEPS in Brüssel für das Forschungsnetzwerk EconPol Europe durchgeführt haben.

Fuest und Gros untersuchen dabei Ausgabenregeln statt Defizitregeln für die Staaten des Eurogebietes. Danach sollte das Ausgabenwachstum nicht größer als das langfristige Wachstum der Wirtschaftsleistung sein in Ländern mit einem Staatsschuldenstand von unter 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, es sei denn, Steuererhöhungen finanzieren die neuen Ausgaben. In Ländern mit über 60 Prozent Schuldenstand sollten die Staatsausgaben langsamer wachsen als die Wirtschaftskraft.

In den hochverschuldeten Euroländern lässt die Kombination aus schwachem Wachstum und dem Ziel der Verringerung der Schuldenstände keine großen Spielräume für ein Ausgabenwachstum. „Das Ausmaß der Über-Ausgaben hängt natürlich ab von der genauen Definition der Ausgabenregeln ab, aber ganz allgemein betrachtet sind die derzeit vorgesehenen Staatsausgaben entweder höher als das Wachstum der Wirtschaftsleistung oder nicht vereinbar mit dem Ziel, die Schuldenstände zu verringern“, schreiben Fuest und Gros.

„Alle großen und hochverschuldeten Länder steigern ihre Ausgaben derzeit so, dass dies nicht vereinbar ist mit dem Ziel, den Schuldenstand innerhalb von 20 Jahren auf 60 Prozent herunterzubringen“, schreiben Fuest und Gros  Deutschland befindet sich zwar mittlerweile unter 60 Prozent, aber seine Ausgaben wachsen schneller als seine mittelfristig zu erwartende Wirtschaftsleistung.
 
Fuest und Gros fügen hinzu: „Bei einer laxeren Version der Ausgabenegel, die 60 Prozent Schuldenstand innerhalb von 50 Jahren anstrebt, wäre das Ergebnis ähnlich. Die Über-Ausgaben wären geringer, aber die Länder würden noch immer zu viel ausgeben. Das ist besonders beunruhigend im Falle Italiens, denn es ist das einzige Land, in dem der Kapitalstock des öffentlichen Sektors sinkt, weil der Kapitalverbrauch die Brutto-Investitionen bei weitem übersteigt. Die neuen Ausgaberegeln haben den Vorteil, fiskalische Disziplin in guten Zeiten zu fördern. Unsere Analyse zeigt auch, dass die Wahl des Basisjahres wichtig ist. Wenn wir 2016 nehmen statt 2017, wären die übergroßen Ausgaben für einige Länder deutlich kleiner, vor allem in Frankreich und Italien“
 
Die Einhaltung der Ausgabenregeln könnten den Autoren zufolge durchgesetzt werden, indem Länder, die mehr ausgeben als die Regeln vorsehen, nur noch sogenannte Accountability Bonds, also nachrangige Staatsanleihen, ausgeben dürfen, um den Druck der Märkte zu erhöhen, die Ausgaben entsprechend anzupassen. Eine Alternative wären automatische Steuererhöhungen. Diesem Ansatz sei aber in Italien kein Erfolg beschieden gewesen.